LES MIDIS DU MIE* ist ein weiteres Projekt, das von unserer Gemeinde unterstützt wird.

 

Wer sind Idrissa, Amadou, Ousmane und Jacques? Woher kommen sie? Welche Sprache sprechen sie? Wie lange sind sie schon hier? Was haben sie für Träume? Was möchten sie lernen? Was brauchen Sie?

Ich schaue im Atlas nach, stelle fest, dass es drei Guineas (Guinée) gibt. Und googele Sprachen, von denen ich noch nie gehört habe, die ich nicht kenne: Suossou, Poular, Soniké,… Von meinem Sohn Elias lasse ich mich in Sachen Fußball auf Vordermann bringen: den aktuellen Stand der Champions League, die wichtigsten Spiele der letzten Woche. Denn Fußball ist ein wichtiges Thema, aber auch Schule und Ausbildungswünsche. Zum Beispiel Koch, Karosseriebauer in Deutschland, Elektriker,…

Wir tauschen Wörter, französische, manchmal auch deutsche und englische, gegen Wörter auf Soussou, Poular, Mandinka …- ich kann mir die ihren viel schlechter merken, als sie sich die meinen. Wenige sprechen aber auch recht gut Französisch. Die Sprache ist einfach ein wichtiges Medium des Kontakts und damit von Nähe und Aufmerksamkeit. Es ist so wichtig, wahrgenommen zu werden, als Person, als besonderes, einmaliges Wesen.

Einige der Freiwilligen durchstreifen immer wieder die Straßen, vor allem des 20. Arrondissements, um nach Jugendlichen in prekärer Situation zu schauen und ihnen Hilfe anzubieten, zum Beispiel in Form von Essen, Kleidung, Unterkunft. Die Jugendlichen kommen zum Jardin Pali-Kao, einem Zipfel des Parks von Belleville, dort wird Mittagessen ausgegeben. An zwei Tagen der Woche wird selbst gekocht, wobei immer ein Team der Jugendlichen mithilft. An den anderen Tagen wird das Essen von solidarischen Restaurants gespendet. Desserts und Getränke steuern oft die freiwilligen Betreuer bei. Unweit des Parks ist an zwei Tagen Unterricht vom Verein Droit à l’école, im 12ten Arrondissement unterrichtet der Verein Paris d’Exil täglich in einem leerstehenden Kulturzentrum.

Ziel ist es, die Jugendlichen von der Straße zu bekommen, ein Dach über dem Kopf für sie zu finden (in kollektiven Unterkünften, Hotels, Familien), ihnen Unterricht zu ermöglichen und ihnen dabei zu helfen, ihren Status als unbegleitete jugendliche Migranten zu bekommen, weil sich dann für sie Türen öffnen.

Ein Team von Freiwilligen befasst sich damit, mit den Jugendlichen zusammen den Antrag zu erstellen, Unterlagen im Heimatland anzufordern, Kontakte zu Anwälten zu schaffen, sie zur Anhörung zu begleiten. Erst wenn der Antrag anerkannt ist, was zwischen 4 Monaten bis zu einem Jahr dauern kann, bekommen sie staatliche Unterstützung und dürfen eine öffentliche Schule besuchen.

Der Verein, der ausschließlich auf Freiwilligenbasis und solidarischen Aktionen gründet, hilft, diese schwierige Zeit zu überbrücken, bzw. sie zu verkürzen. Zum Beispiel stellt die Diözese von Créteil ein großes Haus in Vitry zur Verfügung, das für zwei Monate eine Unterkunft für 25 Jugendliche sein wird. Derzeit wird es geputzt und mit dem Nötigsten ausgerüstet, weitgehend mit gespendeter Einrichtung. Ein großer Arbeitsaufwand entsteht für den Verein dadurch, dass immer wieder die kollektive Unterkunft gewechselt werden muss. Meist ergeben sich Möglichkeiten von zwei bis drei Monaten, dann muss wieder umgezogen werden – aber immerhin haben sie ein Dach über dem Kopf. Bei den Jugendlichen handelt es sich fast ausschließlich um Jungen. Die Jüngsten sind um die vierzehn, die Ältesten um die achtzehn. Wo sind die Mädchen?

Im Mai ist ein Buch erschienen: « Celle que j’ai laissée ». Darin sind die Berichte von 12 Jugendlichen des Vereins Les Midis du Mie, zusammengestellt von Marie-Françoise Colombani und Clarisse Ouillet. Der Erlös des Buchverkaufs geht ausschließlich an den Verein.

Unsere Gemeinde unterstützt finanziell Les Midis du Mie. An Ostern gab es spontan noch eine Idee. Clemens (11 Jahre) und Christophe (9 Jahre) hatten über die Albertina von den Midis du Mie erfahren. Sie haben Ihre Ostereier mit den Jugendlichen geteilt, ergänzt von einer großzügigen Ladung Schokoladenkekse ihrer Mutter. Das war ein willkommenes Dessert im Jardin Pali-Kao.

Welch schöner Gedanke, das zu teilen, was man hat und gerne mag!

 

Christina Cristiani

* Mie ist die Abkürzung für « Mineurs isolés étrangers«